Mit großem Engagement für den fairen Handel

26.06.2013

Von: Sven Mohr


Interview mit zwei ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Weltladens „La Tienda e.V.“ in Saarlouis



Das „Fachgeschäft für den fairen Handel“ in der Weißkreuzstraße hat sich auf das Kunsthandwerk spezialisiert

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Margrit Schu und Maria Adam engagieren sich als ehrenamtliche Mitarbeiter im Saarlouiser Weltladen „La Tienda e.V.“ ( v.l.n.r. )

Faire und internationale Kooperation – Afghanische Handwerkskunst gepaart mit europäischem Design

In Saarlouis gibt es einen von insgesamt über 700 Weltläden in Deutschland. Doch was ist ein Weltladen, welche Produkte können dort gekauft werden und wem wird bei dem Kauf der fair gehandelten Produkte geholfen? Im Interview mit dem "Faire Stadt Saarlouis" Redakteur Sven Mohr gingen Margrit Schu und Maria Adam auf diese Fragen ein. Sie arbeiten als ehrenamtliche Mitarbeiterinnen im Weltladen "La Tienda e.V.", der sich nahe dem Kleinen Markt in der Weißkreuzstraße befindet. 

 


Seit wann gibt es den Weltladen "La Tienda e.V"? 
Diesen Laden gibt es seit April 2005. 

 

 

Gab es denn vorher auch schon einen Weltladen in Saarlouis? 
Zwischen 1985 bis 1999 gab es einen "Dritte Welt Laden" in der Zeughausstraße. Dieser musste aber nach ein paar erfolglosen Jahren schließen. Der Wunsch etwas für die Menschen in der „Dritten Welt“ zu tun blieb aber immer noch in den Köpfen der ehemaligen Mitarbeiter. Nach sechs Jahren Abstinenz gründeten 10 der Mitarbeiter im Februar 2005 den Verein "La Tienda e.V". Mit einem modernen Ladenkonzept wurde mit Hilfe des Vereins der Weltladen zwei Monate später eröffnet. Heute dient "La Tienda e.V." als Trägerverein des Weltladens und wird auch von den ehrenamtlichen Mitarbeitern des Ladens geführt. 

 

 

Wie viele Mitarbeiter/innen arbeiten in diesem Laden? 
Etwa 20 ehrenamtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, welche zum großen Teil über 50 Jahre alt sind. Wir wechseln uns nach Möglichkeit ab, sodass jeder nach seinen zeitlichen Möglichkeiten im Laden aushelfen kann. Einen Geschäftsführer haben wir nicht. Jeder einzelne darf mitbestimmen und sich einbringen. 

 

 

Was ist eigentlich ein Weltladen? 
Ein Weltladen ist ein Laden, in dem ausschließlich fair gehandelte Produkte verkauft werden. Im Laufe der letzten Jahre wechselten sich die Bezeichnungen öfters. Es gab Beispielsweise die Bezeichnungen „Dritte Welt Laden“ der auch „Eine Welt Laden“. Heute nennen wir uns "Fachgeschäft für fairen Handel". Viele Menschen können aber mit dem Kurzbegriff "Weltladen" mehr anfangen. 

 

 

Erläutern sie uns vielleicht in einem oder zwei Sätzen, worum es bei dem Fairen Handel geht? 
Die Erzeuger der Produkte erhalten faire Preise für ihre Ware, die ihnen so ein Leben in Würde ermöglichen. Die Erlöse für viele Produkte sind auf dem Welthandel so niedrig, dass Kleinproduzenten kaum davon leben können. 

 

 

Wie darf man sich den wirtschaftlichen Ablauf eines „Fachhandels für den fairen Handel“ vorstellen? Arbeitet dieser wie eine Firma Gewinnmaximiert? 
Mit einer Firma kann man uns nicht wirklich vergleichen. Wir müssen natürlich auch schauen, dass wir durch den Verkauf der Produkte etwas verdienen um laufende Kosten zu decken. Die Überschüsse, die wir im Laufe des Jahres erzielen, behalten wir aber nicht für uns, sondern spenden diese. 

 

 

An wen werden die Gewinne gespendet? 
Wir arbeiten mit dem Verein "Projektpartnerschaft Dritte Welt e.V. Saarlouis zusammen. Dieser Verein unterstützt in unter anderem in Ländern der „Dritten Welt " Bildungsprojekte. 

 

 

Wenn man sich die Verkaufsfläche anschaut, kann man sagen, dass das Angebotssortiment breit gefächert ist. Können sie uns hierzu noch etwas sagen? 
Neben den klassischen Produkten wie Kaffee, Tee oder Schokolade haben wir uns etwas auf das Kunsthandwerk spezialisiert. Dazu zählen unter anderem Schmuck, Figuren oder auch Taschen. Dadurch können Beispielsweise auch alte Kunsthandwerke erhalten werden. 

 

 

Können sie uns hierzu ein Beispiel nennen? 
Beispielsweise haben wir aktuell eine Tasche, die in Afghanistan hergestellt wurde. Es ist eine traditionelle Handwerkskunst. Die afghanischen Werkstätten werden von europäischen Designern beraten und unterstützt im Hinblick darauf, welcher Stil auf dem europäischen Markt angesagt ist, damit die Taschen hier verkauft werden können. Durch eine faire Bezahlung der afghanischen Arbeiter bleibt dort die traditionelle Handwerkskunst erhalten. 

 

 

Woher kommen die hier verkauften Produkte - ausschließlich aus den Ländern der "Dritten Welt"? 

Die Produkte kommen aus aller Welt - auch aus Europa. 



Aus Europa? 
In unserem Sortiment führen wir unter anderem Wein und Spagetti aus Italien mit dem Logo "LIBERA TERRA MAFIE". Dort bauen zumeist junge Bauern unter anderem Weizen  oder Weinstöcke an, die auf konfiszierten Mafiland bewirtschaftet werden. Ziel ist es die von der Mafia enteigneten Ländereien für die Gesellschaft wieder in Stand zu setzten und dort hochwertige Produkte mit Methoden, die die Umwelt und die Würde der Menschen achten, herzustellen. Auch in unserer Region werden fair gehandelte Produkte hergestellt um Kleinbauern, Kunsthandwerkern oder auch regionale Kulturlandschaften durch gerechte Preise zu schützten. So wird im Bliesgau die "Bliesgau-Kosmetik" mit verschiedenen Seifen, die aus Kräutern des Bliesgau und Karitébutter aus Burkina-Faso bestehen hergestellt. Fair gehandelte Produkte werden also auch in unserer Region hergestellt. 

 

 

Laut Statistik steigt der Absatz der Fairtrade-Produkte seit vielen Jahren rasant an. 2012 betrug der Umsatz fast 533 Millionen Euro. Damit hat sich der Umsatz in den  letzten zehn Jahren mehr als verzehnfacht. Mitunter ist dies auch durch die erhöhte Nachfrage der Discounter zu erklären.Sie arbeiten zum Teil seit über 20 Jahren mit fair gehandelten Produkten. Worin sehen Sie diesen rasanten Anstieg?
Die Qualität der Produkte hat sich im Laufe der Jahre stark verbessert. Angefangen hat alles mit Kaffee, andere Produkte sind nach und nach dazu gekommen. Ständig wurden Produktionsprozesse überarbeitet und so die Qualität immer weiter verbessert. Um auf den Kaffee zurückzukommen kann man sagen: „Was man vor über 20 Jahren aus Solidarität getrunken hat kann man heute richtig genießen". 

 

 

Seit 2011 gehört die Kreisstadt Saarlouis neben Saarbrücken zum Kreis der "Fairtrade-Towns". Ist dadurch auch das Interesse der regionalen Bevölkerung gestiegen? 
Zu erwähnen ist, dass besonders das Interesse der Schulen seitdem stark angestiegen ist. Im Rahmen von Projektarbeiten informieren sich Groß und Klein umfangreich bei uns über fair gehandelte Produkte und die Geschichten hinter den Produkten. Seit dieser Zeit stellen wir bei städtischen Veranstaltungen fair gehandelte Produkte aus und können damit zusätzlich in der Öffentlichkeit auf das Thema "Fairer Handel" aufmerksam machen. Zuletzt waren wir mit einem Stand auf dem Familienaktionstag auf dem Großen Markt vertreten. 

 

 

Wir kommen zum Ende des Interviews. Gab es ein Schlüsselerlebnis was mit den fair gehandelten Produkten in Verbindung zu bringen ist? 

Ja das hatten wir. Ein dunkelhäutiger Mann betrat in Begleitung den Laden. Nach einiger Zeit blieb er am Kaffeeregal stehen und nahm sich eine Packung " Tanzania Kaffee ". Nach kurzer Zeit stellte sich heraus, dass er und seine Mutter auf Plantage gearbeitet haben, wo diese Kaffeebohnen herkommen. Seine Familie profitiere immer noch durch das Projekt des fairen Handels. Dank dieser Kooperation sei er zu dem geworden was er heute ist - ein Mensch, der ein Leben in Würde führen kann. Das war ein Erlebnis, was uns alle heute noch fesselt und uns motiviert immer weiter zu machen - getreu dem Motto "Hinter jedem Produkt steht ein Gesicht".

 

 

Wir danken Ihnen für das Interview.