Menschen in Matiguàs brauchen nach wie vor Hilfe

Dieser Tage feierte die Stadt Saarlouis das 20-jährige Bestehen der symbolischen Städtepartnerschaft mit Matiguàs in Nicaragua. Die Stadt liegt im Zentrum des Landes in einer ländlich geprägten Bergregion mit subtropischem Klima. Viehzucht und der Anbau von Kaffee und Getreide sind die Haupterwerbsquellen. Nicaragua, ein Land in Mittelamerika, durch Bürgerkrieg und Naturkatastrophen gebeutelt, gehört auch heute noch zu den 30 ärmsten Länder der Erde.

 

Die Arbeitslosigkeit wird mit 30 % angegeben, wobei man davon ausgehen kann, dass auch das Einkommen vieler Erwerbstätigen unter dem Existenzminimum liegt. Es reicht oft nicht, um die elementarsten Grundbedürfnisse zu sichern. Bittere Armut wo man hinschaut. Das war so zu Beginn dieser Städtepartnerschaft. Daran hat sich auch bis heute nicht viel geändert.

 

Die Begründung dieser symbolischen Städtepartnerschaft erfolgte mit dem erklärten Ziel „dem nicaraguanischen Volk auf seinem Weg des sozialen Aufstiegs aus bitterer Armut Solidarität zu erweisen und insbesondere der Stadt Matiguàs durch die Förderung jeweils ausgewählter Projekte Hilfe zu gewähren“. In der westlichen Welt war die Not der Menschen in Nicaragua zur damaligen Zeit in aller Munde. Es herrschte Bürgerkrieg. Diktator Somossa hatte sich 1979 mit der Staatskasse nach Miami davongemacht. Die von ihm ausgebildeten Contras behinderten nicht nur den Erfolg der von den nachfolgenden Sandinisten versuchten Aufbauarbeit, sie bedrohten auch Leib und Leben der Zivilbevölkerung. Hubert Ulrich, damals Mitglied der Fraktion „Die Grünen“ im Saarlouiser Stadtrat, hatte die katastrophalen Lebensverhältnisse der Menschen in Matiguàs vor Ort kennen gelernt. Von ihm stammte auch die Idee zu dieser Projektpartnerschaft. Damals gab es in Matiguàs nicht einmal eine geordnete Trinkwasserversorgung, geschweige denn funktionierende Sanitäreinrichtungen oder gar befestigte Straßen. Die Bauern gingen mit geschultertem Gewehr auf ihre Felder, um sich gegen Übergriffe der Contras zu schützen. Hühner und Schweine hausten zusammen mit den Menschen unter einem Dach. Die mit Wellblechtafeln und ähnlichem zusammengezimmerten Behausungen verdienten die Bezeichnung Hütte kaum. Als 1988 unter der Leitung des damaligen Oberbürgermeisters Richard Nospers eine 10-köpfige Gruppe mutiger Saarlouiser auf eigene Kosten der neuen Partnerstadt Matiguàs einen Besuch abstattete, fanden sie all dies bestätigt. Die Saarlouiser erlebten hautnah, was es hieß, mit verunreinigtem Trinkwasser zu leben und vieles mehr. Keiner blieb von den unausweichlichen Folgen verschont. Mit dabei waren damals Maria Bersin, Heinz Blatter, Hans Diwo, Alfred Fuß, Erich Pohl, Hubert Ulrich, Hans-Jörg Schuh , Werner Veith (Dillingen) und Peter Wittig. Der von Hans-Jörg Schu dazu verfasste Reisebericht ließt sich wie ein Abenteuerroman.

 

Das erste Projekt, das von der Stadt Saarlouis im Rahmen dieser Projektpartnerschaft über mehrere Jahre gefördert wurde, war eine mit Wasserleitungen und Aufbereitungsanlage versehene Trinkwasserversorgung. Auf Initiative des Vereins „Projektpartnerschaft Dritte Welt“ war 1987 darüber hinaus ein mit gespendeten  Werkzeugen, Geräten und Maschinen beladener Überseecontainer nach Matiguàs geschickt worden. Inzwischen sind es Wohnungsbauprojekte, die von der Stadt unter Mitwirkung der GBS und der DESWOS – Deutsche Entwicklungshilfe für soziales Wohnungs- und Siedlungswesen e.V. sowie deren Partner im Entwicklungsland „Grupo Sofonias Nicaragua“ alljährlich gefördert werden. Die miserablen Wohnungsbedingungen sind nur eines der brisantesten Probleme im heutigen Matiguàs.

 

Seit Bestehen der Projektpartnerschaft hat die Stadt Saarlouis insgesamt 102.611 € an Fördermitteln bereitgestellt. Hinzu kommen erhebliche Spendengelder, die von Saarlouiser Unternehmen und Privaten zur Verfügung gestellt wurden.

 

Anlässlich der Jubiläumsfeier konnte Oberbürgermeister Roland Henz zahlreiche  Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung begrüßen. Unter ihnen auch die privaten Förderer dieser Städtepartnerschaft und einige Teilnehmer der Reisegruppe aus dem Jahre 1988. Vertreter der Landtagsfraktionen waren ebenfalls zugegen und wünschten der Stadt Saarlouis weiterhin Glück und Erfolg in ihrem Bestreben, die Partnerstadt in Nicaragua auf ihrem Weg in eine bessere Zukunft zu unterstützen. Oberbürgermeister Roland Henz bedankte sich bei allen, die durch welches Engagement auch immer zur Verbesserung der Lebenssituation der Menschen in Matiguàs beigetragen hatten. Sein besonderes Dankeschön galt seinen Amtsvorgängern Richard Nospers und Hans-Joachim Fontaine, die sich beide sehr erfolgreich darum bemüht hatten, den Kontakt zu Matiguàs aufrecht zu erhalten und die Fördermittel nutzbringend im Interesse Bewohner der Partnerstadt einzusetzen.